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Der Wert ist nicht nur in Euro zu sehen - Zur Schließung der Bildungshäuser in der Diözese Würzburg

Dass sich die Diözese Würzburg von vier ihrer zehn Bildungseinrichtungen zum Jahresende 2021 trennen will, ist inzwischen hinreichend bekannt. Nun werden Stimmen von der Basis aus Pfarreien und Verbänden laut, die dieses Vorgehen innerhalb eines rigiden Sparkurses scharf kritisieren. Auch Kolping ist davon betroffen, denn ein Großteil seiner Bildungsangebote im Bereich der Familien- und Erwachsenenbildung findet in diesen kirchlichen Häusern statt. Was hier v. a. an wertvollen Elementen für die Sozialisierung von Menschen in Glaube und Kirche verloren geht, schildert Ulrike Fritz aus dem Vorstandsteam der Kolpingsfamilie Gerolzhofen in einem offenen Brief an die Presse aus ihrem persönlichen Erleben.

Mit Entsetzen haben wir erfahren, dass die Diözese Würzburg beabsichtigt vier ihrer Bildungshäuser abzustoßen. Wir sehen dieses als katastrophalen Entschluss. Viele Leute verlieren ihren Arbeitsplatz, u. a. auch Inklusionsmitarbeiter. Hier stellt sich die Frage, ob das mit dem unterfränkischen Motto: „Kirche für die Menschen“ passt. Es wird am Menschen gespart, an den Mitarbeitern und an den Teilnehmern. Ein Grund für die Schließung der Bildungshäuser seien die sinkenden Einnahmen der Kirchensteuer. Es wird zu weiteren Austritten kommen, wenn die Kirche den Gläubigen „nichts bietet“ bzw. das wenige Attraktive noch nimmt.

Im Jahre 2001 fuhren wir zum ersten Mal auf eine Bildungsfreizeit, damals noch nach Lohr. Dieses Bildungshaus wurde bedauerlicherweise kurz darauf geschlossen. Wir, damals eine fünfköpfige Familie mit drei Kindern von 1-5 Jahren, waren so begeistert von dieser Erfahrung, dass wir gleich zwei Monate später uns zum nächsten Einkehrwochenende angemeldet haben. Ganz nebenbei sind wir so Mitglieder bei Kolping geworden. In den folgenden Jahren waren wir zu den unterschiedlichsten Themen in verschiedenen Häusern unterwegs. Ca. fünf Mal im Jahr haben wir uns als Familie in diesen Bildungshäusern eingebucht. Alleine in Bad Königshofen waren wir in den vergangenen Jahren über 50-mal zu Gast, eigentlich ist es gefühlt, unser zweiter Wohnsitz.

Wir als junge Familie mit einem Alleinverdiener und einem Hausbau hätten uns niemals einen Urlaub (Anmerkung der Redaktion: als solches empfinden die Familien vielfach ein solches Angebot) leisten können oder wollen. Für uns, und zwar für die ganze Familie, waren sämtliche Aufenthalte in den Bildungshäusern jeweils Urlaub und definitiv eine Bereicherung. Zuerst war ich als Mutter einfach nur froh über die Entlastung. Die Kinder wurden immer von guten Betreuern beaufsichtigt; selbst anfangs in der Stillzeit war so doch auch eine wahre Auszeit möglich. Die Großeltern haben unsere Kinder nicht regelmäßig, deshalb waren besonders die Einkehrtage mit Mehrgenerationen auch für die Kinder sehr einprägsam. Noch heute gehen sie gerne auf die „Kolping-Opas“ zu.

Zum Wochenende gehört ja auch der religiöse Bereich. Bei fast allen Seminaren war es möglich eine Eucharistiefeier zu besuchen. Anfangs sehr oft mit dem Hausgeistlichen, mit dem man anschließend noch über allgemeine Glaubensthemen sich austauschen konnte. Bei diesen Gottesdiensten konnte man persönlich mitwirken. Viele Teilnehmer hätten sich dieses gar nicht zugetraut, aber gemeinsam in der Gruppe wurde hier jedermann unterstützt. Somit wurden einige Aspekte in der Glaubenssache überdacht oder angeregt. Mein Mann besucht den hiesigen Gottesdienst kaum. Somit war er dann doch zumindest hier bei allen Messfeiern anwesend und sogar aktiv dabei. Es stand den Einkehrwochenendbesuchern frei, an der Eucharistiefeier teilzunehmen. Kaum jemand blieb hier fern. Sogar für Personen, die aus den Glaubensgemeinschaften ausgetreten waren, andere Glaubensrichtungen hatten oder sich nicht als gläubig bezeichneten, nahmen an den Eucharistiefeiern teil, weil es ein Höhepunkt der Familienfreizeit war/ist.

Mittlerweile sind unsere Kinder aus dem Alter heraus, um mit uns auf Familienfreizeit zu gehen. Anfangs waren sie selbst noch als Betreuer in den Bildungshäusern gewesen, oder auf speziellen Wochenenden für Jugendliche oder junge Erwachsene. Ich nutze gerne das Frauenbildungsangebot, und ganz besonders die Paarwochenenden. Diese sind für uns nach wie vor „Urlaub“.

Die Bildungshäuser bieten aber natürlich auch Platz für andere Gruppen. Für Senioren oder Alleinerziehende, Trauernde … sind sie eine wahre Kraftoase. Berufliche Fortbildungen oder Urlaub per Fahrrad mit bed and bike ist doch wunderbar.

Die Diözese kann hier wirklich in den Menschen investieren. Wieder als Beispiel unsere Familie: Mein Mann hat wieder Bezug zur Kirche und unterstützt aktiv soziale Projekte. Unsere Kinder waren natürlich alle Ministranten, Jugendleiter und bei Kirchenprojekten tätig. Sie sind ebenfalls aktiv für ihre Mitmenschen da. Ich selbst war Kommunion-, Firm-Mutter und bin aktiv im Vorstand der Kolpingsfamilie. Vielleicht hat ein spezielles Wochenende sogar unsere Ehe gerettet. Da man sich vorher auseinandergelebt hat - hier hatte man Zeit und Unterstützung, sich auch als Paar und als Familie zu sehen. Wir sind auf jeden Fall der Kirche sehr dankbar, denn der Wert dieser Einrichtungen ist nicht nur in Euro zu sehen. Bei Weitem nicht.

Ulrike Fritz, Gerolzhofen

Bei religiösen Gemeinschaftstagen machen Familien und Erwachsene in den Bildungshäusern des Bistums wertvolle Erfahrungen für ihren persönlichen Glauben und das Erlebnis von lebensnahen Gottesdiensten
Lebensnahe Glaubensverkündigung sowie religiöse Sozialisation ermöglichen jungen Menschen wie Erwachsenen die Arbeitsweise und Methoden der Religiösen Familienbildung in den Häusern des Bistums, für die jetzt andere Träger gesucht oder die jetzt geschlossen werden sollen.
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